W wie Wolfgangsee (oder was man in 48h erleben kann)

 

Es ist ein wunderschöner Tag, ein Freitag Ende Mai 2021, an dem unsere erste Reise mit unserem neuen Wohnwagen beginnt. So könnte eine unserer neuen Geschichten anfangen. Und das tut sie im Grunde auch, bis wir nach ca. einer halben Stunde Autofahrt drauf kommen, was wir alles vergessen haben. Nadja hat zum Beispiel ihre Jacke vergessen. Bei Wettervorhersagen von maximal 15 Grad und Regen ist das jetzt nicht gerade ideal. Martin hat die Hälfte der vorbereiteten Lebensmittel in der Küche stehen lassen. Irgendwer, in unserem Fall wohl wir beide, haben die komplett gepackte Spielzeugkiste von Luisa im Hausgang stehen lassen. Inklusive Toniebox mit allen Tonies, ihren Büchern und ihrem geliebten Käfer, der als Nachtlicht dient. Das halten wir vorerst vor Luisa aber noch geheim. Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß, lautet unser Motto. Und Ablenkung lautet unsere Devise 😊.

 

Neben diversem Werkzeug, Feuerzeug (damit zündet sich der Gasherd und der Grill leichter an 😉) einer Trittleiter, unserem Einstiegsstockerl und so manch anderen Dingen haben wir, kurz gesagt, so gut wie alles vergessen. Man kann von Glück sprechen, dass zumindest wir drei im Auto sitzen und der Wohnwagen dran hängt. Aber da müssen wir jetzt durch.

Nach knapp dreieinhalb Stunden Fahrt sind wir da. Im schönen Salzkammergut am Wolfgangsee in Österreich. Wir werden herzlich empfangen und bekommen auch einen schönen Stellplatz. Wir wollen nicht direkt am See stehen. Nadja ist das, solange Luisa nicht schwimmen kann, zu gefährlich. Außerdem haben wir auch unseren Hund mit und mögen es deswegen ein wenig abseits lieber. Wir stehen also auf Stellplatz 43. In der dritten Reihe. Perfekt. Obwohl wir viel neues Equipment mit dabei haben, bauen wir auf als ob wir nie etwas anderes gemacht hätten. Wir sind stolz auf uns. Wir gehen mit Luisa noch zum See und werfen dann den Grill an. Würstel gibt’s, den Klassiker. Danach erkunden wir noch mit einem abendlichen Spaziergang die restliche Campingplatzumgebung und machen uns dann bereit fürs Bett. Luisa entscheidet sich dafür, dass sie im Stockbett in unserem Wohnwagen lieber unten schläft. Gesagt getan. Wir schlafen alle wie die Babys. Bis etwa 3 Uhr früh. Dann klagt Martin über Bauchschmerzen und Übelkeit. Und es dauert genau noch eine halbe Stunde bis es ihm im wahrsten Sinne des Wortes beschissen geht. Zwar ist der Weg von unserem Wohnwagen bis zu den Toiletten nicht sehr weit, aber jeder der schon einmal Brech-Durchfall hatte, weiß: Jeder Meter ist eine Qual. Und so quält sich Martin über mehrere Stunden immer wieder vom Wohnwagen zur Toilette und wieder zurück. Und JA, wir haben ein WC im Wohnwagen, doch das will man für „solche Geschäfte“ eigentlich nicht verwenden. Aber irgendwann geht es dann nicht mehr anders. Und die Nacht die „zaht sich“, wie man auf österreichisch so schön sagt. Der romantische Morgentau am Wolfgangsee rückt dann gleich einmal in eine etwas größere Entfernung, wenn man sozusagen „ums Überleben kämpft“. Als bei Martin dann noch Kreislaufbeschwerden und Fieber dazu kommen, ruft Nadja die Rettung. Die Sanitäter nehmen Martin mit. Er wird ins Krankenhaus nach Bad Ischl gebracht. Luisa allerdings ist etwas schockiert und bricht in dem Moment als es ihrem Papa immer schlechter geht und am Ende die Rettung kommt, in Tränen aus. Sie hat Angst. Nadja versucht sie zu trösten und erklärt ihr, dass Papa zu viel schlechtes Essen gegessen hat und jetzt fest Bauchweh hat und dass Papa Medizin braucht, die nur die Rettung mit dabei hat. Auf die kindliche Frage, ob der Papa zu viel Schokolade gegessen hat, lautet Nadjas knappe Antwort: Ja! Ob pädagogisch wertvoll oder nicht. Das Kind versteht und lässt sich beruhigen!

Und da sitzen wir nun, Luisa und ich. Nach viel Aufregung, etwas ratlos in unserem Wohnwagen. Sogar unser Hund Benni schaut skeptisch.  Und es ist noch nicht einmal 8 Uhr Früh. Was also werden wir mit dem heutigen Tag anfangen?

 

Zuerst einmal gibt es ein Frühstück, um für Luisa wieder halbwegs normal in den Tag zu starten. Danach gehen wir mit Benni spazieren. Normalerweise hätten wir uns den Alltag schön aufgeteilt. Jetzt bin ich aber ganz alleine. Es muss also umstrukturiert werden. Was das Wetter vorhat, ist auch schwer zu sagen. Von Sonnenschein bis Wolken und Dauerregen ist alles vorhergesagt. Die App am Handy ändert quasi im Stundentakt die Vorhersage. Und wir erinnern uns: Meine  Jacke liegt zuhause, aber ich versuche die Vorteile aus der Situation zu ziehen. Martin braucht seine jetzt ja immerhin im Moment nicht. Aber ein Tagesplan muss dennoch her. Vermutlich auch noch für den nächsten Tag, weil ein wenig später wird bei Martin eine Lebensmittelvergiftung diagnostiziert. Er wird vermutlich noch mehrere Tage im Krankenhaus bleiben müssen. Hervorgerufen wurde die Vergiftung wahrscheinlich durch Ripperl, die wir, bevor wir los gefahren sind, zu Mittag noch gegessen haben. Ich habe hierbei offensichtlich „nur die Guten“ erwischt.

 

Nach kurzem Durchstöbern des World Wide Web, und der Befragung einer Dreijährigen worauf sie Lust hat, ist klar: Es soll ein Ausflug zum „Dorf der Tiere“ werden. Das ist nur wenige Autominuten von unserem Campingplatz entfernt und scheint nett gelegen zu sein. Also, alles einpacken und mit dem Auto und Navi´s Hilfe geht’s schon los. Auf dem Parkplatz angekommen folgen wir immer dem Schild „Kassa“. Was wir allerdings nicht bemerkt haben ist, dass wir uns an irgendeiner Gabelung verirrt haben müssen, denn plötzlich stehen wir nicht an der Kassa des „Dorfes der Tiere“ sondern an der Kassa des „Abarena Freizeitparkes Wolfgangsee“.  Das ist ein riesengroßer Spielplatz - Indoor und Outdoor. Selbst da denke ich mir aber noch nichts. Wird schon zusammen gehören, vermute ich. Und so lese ich mir aufmerksam die aktuellen Covid Bestimmungen durch und sehe: Es muss ein negativer Covid19 Test vorgezeigt werden. An der Kassa gibt es aber die Möglichkeit einen Selbsttest zu bekommen. Nur unweit davon kann dieser durchgeführt werden. Klingt recht einfach. Allerdings funktionieren die Tests in Salzburg etwas anders als die von uns gewohnten Tests in Tirol. Ich muss mir zuerst eine App herunter laden. Luisa verliert in der Zwischenzweit schon etwas die Geduld und beweist, dass auch sie sich von ihrer ungezogenen Seite zeigen kann und flitzt einfach unter dem Drehkreuz an der Kassa durch. Peinlich! Erst nach der Drohung, „wir gehen sofort nach Hause“, bewegt sie ihre Kinderfüße wieder zu mir. Zumindest habe ich in der Zwischenzeit die App am Handy. Leider will das mit dem vorgeschriebenen QR Code, den man zu dieser Zeit in Österreich mit den Selbsttests verwenden muss, nicht funktionieren. Ich gehe also wieder zurück zur Kassa, mit einem ungeduldigen Kind an der Hand, und brauche einen neuen QR Code. Damit wieder zurück zur Teststation. Jetzt kann ich den Test problemlos durchführen, muss aber noch ein langes Registrierungsformular ausfüllen.

Natürlich, wie soll es auch anders sein, muss Luisa JETZT aufs Klo. Jetzt sofort und ganz, ganz dringend. Und genau dieses ist leider erst hinter dem Kassabereich zu finden. Zumindest hab ich jetzt meinen negativen Test in den Händen. Mittlerweile zeigt die freundliche Dame an der Kassa auch schon recht viel Mitleid mit mir, und bittet mich hinein. Ich darf dann einfach später das Registrierungsformular abgeben, wenn „alles erledigt ist“. Dankend nehme ich ihr Angebot an und bezahle dennoch einen stattlichen Eintrittspreis von 20 Euro für mich und Luisa. Ich frage dann nur noch schnell wo es denn dann zu den Tieren geht, und da meint die Dame: „Da sind sie hier falsch, das Dorf der Tiere ist der Nachbar“. Ahhh ja, alles klar. Danke. Dann bleiben wir jetzt hier. Pfeif auf die Tiere. Luisa ist nicht sehr traurig über den spontanen Ausflugswechsel. Beim Anblick des Spieleparadieses sind die Tiere schneller vergessen als man denkt.

Nachdem das liebe Töchterchen dann endlich am Klo war und ich das Registrierungsformular in Ruhe ausfüllen konnte, können wir jetzt auch recht entspannt die Stunden genießen. Rutschen, Klettern, Trampolin springen, Sand spielen, Pommes essen und das Ganze wieder von vorne. Am mittleren Nachmittag brechen wir allerdings wieder auf. Zurück zu unserem Wohnwagen, immerhin wartet dort noch unser Hund auf uns. Wir verbringen dann noch einige Zeit am See und besuchen auch noch kurz den Campingspielplatz. Wir gehen duschen und Haare waschen. Doch dann ziehen plötzlich furchtbar schwarze Wolken auf, ein Sturm nähert sich. Auch das noch. Mir bleibt hier wohl gar nichts erspart. Luisa bekommt den Auftrag im Wohnwagen sitzen zu bleiben und ich kontrolliere in Windeseile noch einmal alle Heringe und ob unsere Markise gut abgespannt ist. Schnell spanne ich alles noch einmal nach und hoffe, dass mir nicht alles um die Ohren fliegt. Zugegeben - das ist dann der Moment, wo ich mir ein etwas größeres Weinglas einschenke.

 

Aber es hält alles und der Sturm ist bald vorüber. Aber es ist natürlich alles nass. Fetznass wie man so schön sagt. Daher beschließe ich den Grill nicht anzuwerfen. Ich hab schlichtweg einfach keine Lust dazu. Wir haben eine recht passable Küche in unserem Wohnwagen und die wird jetzt eingeweiht. Ich koche uns ein schnelles Abendessen und mit einer Gute Nacht Geschichte fällt Luisa dann doch irgendwann ins Bett. Übrigens, das mit dem Thema Ablenkung hat dann wohl bis hierher ganz gut geklappt. Bis jetzt ist die fehlende Spielzeugkiste noch nicht aufgefallen.

Ansonsten werde ich jetzt immer öfter von umliegenden „Nachbarn“ angesprochen. Ob denn wir das heute Früh waren mit der Rettung und was denn passiert sei. Erstaunt über das viele Mitgefühl und die Genesungswünsche für Martin fühle ich mich jetzt irgendwie auch gar nicht mehr so „alleine“. Ein besonderer Dank gilt da auch den beiden Mädls am Stellplatz oberhalb. Ich glaube es waren Mutter und Tochter, die direkt in der oberen Reihe neben uns mit ihrem Wohnmobil standen und sofort ihre Hilfe angeboten haben. Wenn ich etwas bräuchte, dann solle ich nicht zögern sie zu fragen. Dieses Angebot habe ich dann auch am nächsten Tag direkt angenommen. Als klar war, dass Martin auf jeden Fall noch mehrere Tage im Krankenhaus bleiben muss, war auch klar, dass ich mitsamt Wohnwagen alleine nach Hause fahren werde. Nachdem ich einen Hänger Schein habe und früher sehr viel mit Pferden unterwegs war, schreckt mich das doch gut 12 Meter lange und 2,50 Meter breite Gespann nicht. Doch bevor es los gehen kann, müssen wir noch ins Krankenhaus nach Bad Ischl und Martin für die nächsten Tage das Nötigste vorbei bringen. Leider dürfen wir seinen Rucksack nur am Empfang abgeben, denn es gilt die Regel: Eine Person pro Tag darf jemanden besuchen! Und es ist tatsächlich so, dass eine 3 jährige als vollwertige Person gilt. Ich kann mich also entscheiden, ob ich meine Tochter mit dem Rucksack alleine durchs Krankenhaus schicke oder sie für den Zeitpunkt des Besuches im Auto sitzen lasse. Ist natürlich beides vollkommener Quatsch. Und weil die Empfangsdame auch leider partout keine Ausnahme macht und das ganze mit Hausverstand angehen will, weil sie wohl auch irgendwo an irgendwelche Regeln gebunden ist, können wir Martin leider nicht sehen. Aber ansonsten geht alles gut. Benni spielt super mit über die Tage und zeigt sich als äußerst folgsamer Hund. Luisa hält auch tapfer mit und hilft wo sie kann, mit ihren drei Jahren, beim Abbau sämtlicher Campingutensilien. Fast schon weltmeisterlich, als ob wir noch nie was anderes gemacht hätten, bauen wir unseren Regenschutz ab, klappen Campingstühle zusammen, ziehen mit vereinten Kräften Heringe aus dem Boden, entleeren Wasser – und WC Tanks, verstauen und verzurren alles und sind schon bald bereit zur Abfahrt. Jetzt müssen wir nur noch unseren Aufenthalt bezahlen. Eine Anzahlung von 50€ haben wir bereits vorab getätigt. Und sogar der Leiter des Campingplatzes dürfte Mitleid mit mir gehabt haben. Unsere Situation hat sich bis zu ihm durchgesprochen und er erlässt uns Martins Nächte, immerhin war der ja so gut wie nicht da! Als ich dann noch genau einen Euro schuldig bin, und diesen mit Bankomatkarte zahlen müsste, weil ich nämlich genau nichts mehr in meiner Geldtasche habe, erlässt er mir auch noch diesen und wünscht uns alles Gute. Ein riesengroßer Dank an „Camping Appesbach“. Ich weiß eure Menschlichkeit zu schätzen.

Jetzt müssen wir nur noch den Wohnwagen anhängen. Hier lassen wir uns von unseren Stellnachbarn helfen. Und dann geht’s auf nach Hause. Luisa schläft im Auto ein bisschen, und schaut – dem I Pad sei Dank – recht viel fern. Ich kann es ihr aber nicht verübeln und ich kann jetzt sämtliche Bibi Blocksberg, Bibi und Tina und Benjamin Blümchen Geschichten auswendig. Aber was solls. Wir kommen gut zuhause an. Meine Familie empfängt mich dann schon und hilft mir noch bei den restlichen Feinarbeiten bzgl. Einparken mit Wohnwagen in unserer Hauseinfahrt. Spät am Abend bestellen wir uns dann noch eine Pizza, und obwohl ich doch eigentlich gar keinen Hunger habe, verdrücke ich die Pizza binnen weniger Minuten. War dann wohl doch alles aufregender als gedacht. Aber wie heißt es so schön: Wenn die Generalprobe verpatzt ist, kann die Aufführung nur gut werden. In diesem Sinne freuen wir uns trotz all der Stolpersteine auf unsere Aufführung. In einer Woche soll´s wieder los gehen. Diesmal ans Meer. Nach Italien! Wir freuen uns und werden berichten…

 

PS: Warum es bei diesem Beitrag keine Fotos gibt, könnt ihr euch vielleicht denken! Genau! Ich hatte schlicht weg keine Zeit dafür 😉! Aber das holen wir nach. Versprochen!